Immer wieder benutzen Kriminelle bei ihren Überfällen Messer. Einmal gezogen, sind sie auch schnell benutzt. Jetzt fordert Berlins Innensenator Erhardt Körting ein weitreichendes Messerverbot. Niemand soll sie mehr in der Öffentlichkeit tragen dürfen. Von dem Verbot sind aber auch Jäger, Angler und Grillfreunde betroffen.
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) beschäftigt kommende Woche den Innenausschuss des Bundestages mit einem ungewöhnlichen Vorschlag: Ein weit reichendes Messerverbot. Körting hatte im Kampf gegen die Gewaltkriminalität eine Bundesratsinitiative eingebracht, um das Tragen von Messern in der Öffentlichkeit verbieten zu lassen. Das Verbot soll für „feststehende Messer ab einer Klingenlänge von zwölf Zentimetern und für Klappmesser ab 8,5 Zentimetern“ gelten. Um dies durchzusetzen, fordert Körting einen entsprechenden Straftatbestand im Waffengesetz. Körting geht die Initiative Hamburgs vom Herbst 2007 nicht weit genug. Damals wurden die Bundesländer gesetzlich ermächtigt, für ein Messerverbot gefährliche öffentliche Orte und Plätze festzulegen. „Das reicht nicht. Das Verbot muss flächendeckend eingeführt werden“, sagte Körting WELT ONLINE. Für ihn sei die bereits gefundene kleine Hamburger Lösung aber besser als gar keine. Deshalb hat er zunächst den Berliner Polizeipräsidenten beauftragt, zehn Brennpunkte der Gewalt zu benennen. Die Liste wird voraussichtlich im März vorliegen.
Körtings Vorschlag trifft auch harmlose Camper und Wanderer
Innerhalb der eigenen Partei stößt Körting allerdings auf Skepsis. „Etwa Anglervereine setzen sich gegen ein pauschales Messerverbot zur Wehr, weil es über das Ziel hinaus schießt. Da würde man berechtigten Belangen Unrecht tun“, sagte Innenausschuss-Vorsitzender Sebastian Edathy (SPD) dieser Zeitung. Er sei für eine offene Diskussion, bei der aber die verschiedenen Interessen vernünftig abgewogen werden müssten.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) übt Kritik an Körting. Der Innensenator wahre nicht die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Zwar träfe er eine kleine Minderheit von gewalttätigen Jugendlichen und Heranwachsenden, aber das Verbot würde zugleich hunderttausende Bürger in ihrer Freizeit, etwa beim Angeln, Camping, Wandern oder Wassersport beeinträchtigen. Sie würden dieselben Messerarten, die Körting ein Dorn im Auge sind, als Gebrauchsmesser mitnehmen.
„Körtings Verbotsplan ist verkehrt, unverhältnismäßig und nicht praktikabel“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg WELT ONLINE. Hunderttausende Bürger würden kriminalisiert. Jeder, der im Sommer beim Grillen im Park sein Messer dabei hätte, würde sich künftig strafbar machen. Freiberg zeigt aber auch Verständnis für Körting. Er habe Polizeivideos gesehen, die immer brutaler werdende Messerattacken zeigen: „Die Täter stechen mittlerweile ohne Ansatz gleich ins Herz ihrer Opfer.“
Das Gesetz könnte zum bürokratischen Monster murieren
Freiberg warnt zudem vor einem „bürokratischen Monster“, das Körtings Messerverbot mit sich brächte. Bürger müssten Ausnahmegenehmigungen beantragen, die Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten der Polizei wären aber gering. Ohnehin würde das strafbewehrte Führen von Messern auch künftig erst offenkundig, wenn eine Straftat geschehen sei. Und die besondere Strafandrohung wegen unerlaubten Führens eines Messers gehe gegenüber der Strafbewehrung der Gewalttat ins Leere. Schlagworte
Waffengesetz Messer Verschärfung Gewalt Kriminalität Ehrhart Körting Messerstecherei Erfahrungen aus dem Ausland stützen Körtings Initiative nicht unbedingt. So hatte die Schweiz vor mehreren Jahren zwar einen ähnlichen Versuch unternommen. Das Gesetz wurde aber wegen Erfolglosigkeit wieder aufgehoben. In England und in Frankreich gelten ebenfalls Beschränkungen für den Umgang mit Messern.
In beiden Ländern ist dessen ungeachtet etwa die Jugendkriminalität gerade bei Gewaltdelikten ungebremst gestiegen, weil die Jugendlichen auf nicht vom Gesetz erfasste Stichwaffen ausweichen. Etwa Küchenmesser, die auch Körting nicht verbieten lassen will, wenn sie kürzer sind als zwölf Zentimeter. Auch Taschenmesser, die oft eine 6,5 Zentimeter lange Klinge haben, wären von seinem Verbot nicht erfasst.